– Monatsstein März –
Fundorte: Brasilien, Australien, Birma, China, Indien, Kenia, Madagaskar, Mozambique, Namibia, Nigeria, Sambia, Simbabwe, Sri Lanka, Tansania und USA
Mohshärte: 7,5-8
chem. Zusammensetzung: Al2Be3(Si6O18)
Spez. Gew.: 2,8
Kristallsystem: hexagonal
Brechungsindex: 1,57
Des Meeres und der Liebe Wellen bewegt ein Edelstein, der außer der Farbe des Ozeans auch die lebensspendende Kraft des Wassers eingefangen zu haben scheint. Der Aquamarin ist deshalb das Juwel des beginnenden Frühlings, der Monatsstein für den März. Der Sage nach stammt er aus dem Schatzkästchen der Meerjungfrauen. So sollen seine Kräfte erst richtig zur Wirkung kommen, wenn man den Stein in Wasser legt und die Sonne hineinscheint. Er verspricht alter Überlieferung nach glückliche Heirat und macht seinen Träger froh und reich.
Das lichte Blau dieses edlen Berylls gewinnt immer neue Freunde, denn makellose Transparenz paaren sich hier mit hohem Glanz, der auch unter künstlichem Licht nicht nachlässt, und versinnbildlicht damit das Ideal der Reinheit. Chemisch bilden Beryllium und Tonerde ein Ringsilikat, in dessen atomarem Innenraum verschiedene Elemente Platz haben. Zweiwertiges Eisen schuf den Aquamarin, der in sechsseitigen Säulen von fast farblosem Blassblau bis zu kräftigem Meeresblau kristallisiert.
Schönheit hat beim Aquamarin Namen bekommen, und so jubelt das Herz des Kenners, wenn von den tiefblauen „Santa-Maria-Steinen“ erzählt wird. Die nächsten Qualitätsstufen tragen Bezeichnungen, wie Espirito Santo, Martha Rocha (nach der brasilianischen Schönheitskönigin von 1954), Fortaleza und Marambaia. Die Edelsteinminen Brasiliens finden sich in dieser Liste wieder, wird doch hier hauptsächlich das Material für den Weltmarkt geschürft. Dennoch kommt das Pegmatitmineral ebenso in anderen Ländern vor. Genannt seien die reichen Lagerstätten auf den inneren Hochflächen Madagaskars, die teilweise stahlblaue Kristalle liefern, die asiatischen Fundstellen im Ural, in Transbaikalien und Pakistan, Südwestafrika und Rhodesien, die West- und Oststaaten der USA und Mexiko.
In der Natur haben jedoch viele Aquamarine einen Grünstich, der nicht gerade beliebt ist. So zeigte auch der größte jemals gefundene klare Kristall, ein 110 Kilogramm schweres, einen halben Meter langes und fast so dickes Exemplar, das 1910 in Marambaia geborgen wurde, zonare Farbverteilung mit grünlicher Schale, gelbgrünem Mittelstück und blauem Kern. Zwei Deutsche kauften damals das Superstück für 40.000 EUR, ließen es nach Idar-Oberstein bringen und dort verarbeiten. Die wichtigsten Erkenntnisse aber brachte nicht das Schleifen – immerhin sollen 200.000 Karat prächtiger Edelsteine daraus gewonnen worden sein -, sondern Experimente mit Hitzebehandlung. Und siehe da, bei etwa 450 Grad erhielten auch die grünlichen Partien das begehrte Aquamarinblau, und das hat Bestand. Seitdem wird das Brennen weiträumig mit Erfolg angewandt. Da für die Farbveredlung praktisch nur einschlussfreies Material verwendet wird, erfüllen sich zugleich die Erwartungen der Schmuckliebhaberinnen: Aquamarin muss klar und blau wie das Wasser des Meeres sein. Für feine, farbintensive Steine in „Santa-Maria-Farbe“ werden aktuell Höchstpreise bezahlt, weil das Angebot die Nachfrage nicht befriedigen kann. Helle Steine sind in ausreichenden Mengen und deutlich preiswerter zu bekommen.
Helle Aquamarine wurden im Mittelalter fein geschliffen in die „Gucklöcher“ der Reliquienschreine und Monstranzen gesetzt, um den Inhalt deutlicher hervortreten zu lassen. Diese Sitte, die mit der Beobachtung der verschärften Bildwiedergabe einherging, führte um 1300 zur Verwendung des Berylls als Augengläser. Aber bereits aus dem Altertum ist dieser Vorzug überliefert, und unser Wort Brille leitet sich vom Beryll ab. Glasklare Berylle verschliff man auch als „Zauberspiegel“, der die Zukunft offenbaren sollte. So ist verständlich, dass man dem Aquamarin die Kraft zuschreibt, scharfsichtig gegen lauernde Tücke zu machen. Andererseits wurde er angeblich schwarz, wenn sein Träger einen Meineid schwor.
Wasser, in dem Aquamarin gelegen hat, galt als Augenheilmittel, gegen Zahn-, Hals- und Leberschmerzen, Drüsenschwellungen und Schwächezustände. Volmar schreibt auch: „Wer davon trinkt, dessen Rede ist lobsam in allen Dingen. Ihn flieht der Teufel.“ So wurde der hellblaue Edelstein ebenso als Amulett gegen Streit und Feindesgefahr getragen. Einen besondere Bedeutung kam ihm in Liebesdingen zu. Mag er für die einen die Einigkeit der Ehe bewahrt haben, so hielten ihn andere auch in der außerehelichen Liebe für vorteilhaft.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Edelsteinen prunkt der Aquamarin mit Größe. Fehlerfreie Kristalle von gleichmäßiger Farbverteilung in Daumennagelgröße sind sozusagen der Normalfund, und gelegentlich tauchen in Brasilien sensationell große Exemplare auf. Einen 22 kg schweren Kristall barg man im letzten Krieg. Um einen ähnlich großen Fund mit einem Schätzwert von einer Million Dollar stritten sich jahrzehntelang der Landeigentümer, der Finder und der Prospektor des Gebietes, und er liegt vielleicht noch heute unter Verschluss. Der wunderschöne Martha-Rocha-Stein wog 34 kg. Der größte jemals geschliffene Aquamarin aus dem fast 26 kg schweren Dom-Pedro-Kristall, benannt nach zwei brasilianischen Kaisern des 19. Jahrhunderts, war erst 1992 das Werk des für seine Extravaganzen und seinen Mut bekannten Idar-Obersteiner Schleifers Bernd Munsteiner. Er schuf im Auftrag des Besitzers einen 35 cm hohen eingeschnittenen Obelisken. Das Millionenobjekt ist heute im Smithsonian National Museum of Natural History in Washington zu bewundern.
Undurchsichtige Beryllkristalle können Gewichte von mehreren Tonnen erreichen. Sie liefern den Rohstoff für das wertvolle metallische Beryllium, das unter anderem in Atommeilern als Neutronenbremse eingesetzt wird. Größe bedeutet jedoch nicht Masse. So ist der Aquamarin selten genug, um seinen Preis als Edelstein zu haben, und der geht im allgemeinen nach der Farbtieffe. Helle Steine wurden früher oft mit Silberfolie unterlegt gefasst. Bevorzugt wird der Treppenschliff, es sei denn, man trifft auf einen der seltenen Sternsteine oder der Katzenaugen, die den mugeligen Schliff brauchen. Die Härte von 7,5 in der zehnteiligen Mohs’schen Skala schützt den Aquamarin weitgehend vor Kratzern. Matt werden könnte seine Politur höchstens bei Berührung mit der in Textilreinigungsmitteln enthaltenen Flusssäure, und im Ultraschallbad ist Vorsicht angesagt. Lichtempfindlich ist der Aquamarin dagegen nicht, bis auf eine Ausnahme: Bei einigen gutfarbigen Steinen aus der Maxixe-Mine in Minas Gerais wurde mit der Zeit ein Ausbleichen festgestellt. Diese Steine sind aber durch höhere physikalische Werte gekennzeichnet.
Die Verbreitung des Aquamarins im Schmuck begann im 17. Jahrhundert, und mancher mag dabei noch an dessen vielgerühmte Kräfte gedacht haben. So dichtete Theodor Körner: „Er ist für das Auge ein lichtes Bad und schützt vor Feindseligkeit und Verrat.“ Wer wäre nicht gern geachtet und unbesiegbar?